Schulordnung

[1] Instruktionen für den Schulmeister (nach dem 2. KB)

Herrschafftliche Instruction für einen Schuhl-Meister

I) Soll der Schul-Meister seine untergebene und anvertraute Kinder ansehen alß Kinder, die ihm auf seine Seele gegeben sind und derohalben treulich …, daß der keines durch seine Schuld entweder in <…>licher Unterweißung des Guten oder <nö>thiger Warnung fürm Bösen verwahrloset werde. Und darum seine Schüler und Schülerinne zuforterst und für allen Dingen zu Frömmigkeit und Gottesforcht alß der … …, auf das Fleißigste anführen mit Furhaltung und … Erinnerung … die, dafern sie sich der Gottesforcht <…>lißen und das böse meydeten, Gottes glorreichen Seegen zu Seel und Leib würden … gewarten. Wiedrigenfalß aber so sie es unterliesen, lauter Fluch und Unseegen zu fürchten haben.

II) Deswegen dann die Schularbeit niemahls ohne vorhergegangenem eyfrigem und andächtigem [pag.] Gebeth soll angefangen werden, sondern sobald die Kinder beysammen sind, sollen sie mit erhabenen Händen und <…>licher Stimme niederkniend den barmhertzigen Gott vom Himmel und seinen Seegen und gnädigen Beystand seines guten Geistes hertzinniglich anruffen und solches zwar unter andern in dem Gebeth des <…> Pauli, so zu finden Eph. 3, v[ersus] 14 ad finem1, dem Vatter Unser und andern hierzu dienlichen Gebethen. Darauff solle ein Capitel auß dem N[euen] T[estament] gelesen und die andere Lectiones verhörret werden, und so es … leydet, soll damit nicht nur zum zweiten, sondern auch zum dritten Mahl die Wiederhohlung geschehen. Endlich aber, gleichwie der Anfang mit dem Gebeth gemacht worden, also soll gleicher Gestalt damit geendiget und die Jugend nach Hauß gelaßen werden. Und zwar soll solches nebst dem Vatter Unser und andern für die drey … … gerichtete Gebäthern geschehen mit dem 67 [Psalm] des Königes und Propheten Davids.

II) Es soll aber die Schuhl 3 Stund vor und 3 Stund nach Mittag gehalten und [pag.] zur rechten bestimten Zeit und Stund angefangen, auch durch des Schuhl-Meisters Privat-Geschäffte nicht versäumet, viel weniger das Verhör der Kinder, der Frauen oder sonst einem andern übertragen werden, sondern es soll der Schul-Meister seines Ampts warten, alle Treu, Eyffer und Liebe in dem Informirn gegen seine anvertrauten Jugend erweißen; zuforterst den kleinen Catechismum des s[eligen] Mannes Lutheri, alß das güldene Kleinod der evangelischen Kirchen, daneben auch die weittere Erleuterung der naßauischen Fragen mit denen auß Gottes Wort beygefügten Sprüchen fleißig treiben und ein jedes nach seiner Capacität im Lesen, Bethen, Singen, Schreiben und Rechnen treulich unterrichten.

IV) Da die Schul um Michaelis Tag angefangen worden, soll selbige in den Sommer hinein so lang gehalten werden, alß die Kinder von denen Eltern können geschickt werden.

V) Und so ja der Schuhl-Meister auß [pag.] dringender Noth (dann des unnöthigen Umherlauffens, dadurch nur sein Ambt versäumet wird, soll er sich gänzlich enthalten) verreißen müße und etwan die Schul einige Tag zurückstellen, soll er solches vorher dem Pfarrer anzeigen und um Erlaubnuß bitten.

VI) Auch was sonsten zu Unterweißung der Kinder dienliches fürzunehmen sey, darinnen soll er nicht seines eigenen Gefallens nach verfahren, sondern sich an die vom Pfarrer hierzu vorgeschriebene leges halten.

VII) Weill auch zur Sommerszeit, da die Kinder nicht zur Schulen kommen, dasjenige, was sie vorher gelernet, und mit großer Mühe ihnen beygebracht worden, zimlichermasen vergeßen, alß soll er die Kinder am Sontag, da das erste Zeichen zur Kinderlehr gegeben worden, zu sich kommen laßen und sie in der Stunde, biß das Zusammenläuten geschehen soll, [pag.] anhalten, dasjenige zu lernen, was in der Kinderlehr soll abgehandelt werden, auch daneben vernehmen, was ein jedes auß der Frühpredigt behalten habe.

VIII) Auch soll der Schul-Meister an Sonn-, Feyer- und Bethtagen, in Gleichem auch wann Wochen-Predigten und Beth-Stunden gehalten werden, zur rechten Zeit an und zusammenläuten und weder eher, noch langsamer, seines Gefallens nach die Uhr dabey gehen laßen.

IX) Die Kirch soll er sauber und rein halten und wenigsten alle vier Woche außkehren.

X) Das Schul-Hauß und dazugehörige Gebäu sollen von ihm wohl in Acht genommen und nichts vorsetzlicher- oder muthwilligerweiß darin veraüßert werden.

XI) In allen Stücken aber soll er sich also in [pag.] seinem Leben und Wandel aufführen, daß nicht allein die gantze Gemeinde, sondern auch insonderheit der Jugend ein gut Exempel an ihm nehmen könne. Deswegen er dann mit einem jedem sich fried- und schiedlich vertragen, mit seinem Weibe und Haußgenoßenen in Einigkeit leben, des Spielens und Saufens enthalten, seinem Pfarrer aber den gebührenden Gehorsam erweißen und demnach alle Ärgernüß verhüten und vermeyden soll.

XII) Wird nun dießen vorgesetzten Puncten der bestelte Schulmeister zu Frücht treulich nachleben, so hat er sich aller Gnade von der Herrschafft und Liebe vom Pfarrer und der Gemeine zu trösten, auch nachgesetzte Bestallung zu genießen, da im Gegentheil, so er die … oder was sonsten der christlichen Zucht und Ehrbahrkeit gemäß ist, zuwieder handlen solte, [pag.] wird er seines Dinstes so bald erlaßen und hiermit gäntzlich beuhrlaubet seyn.


[2] Bestallung des Schulmeisters (nach dem 2. KB)

Schul-Bestallung zu Frücht

  1. Von einem jeden Kind, so zur Schul gehet, hat der Schulmeister auff Ostern zu gewarten 1 [fl.] 36 Pet[ermenger]

  2. Item von einem jeden Kind einen Wagen Holtz

  3. Von einem jeden Bürger in der Gemeine auff Martini ein Simmer Korn, so ihm ins Hauß geliefert wird

  4. Hat er von einem besondern Gut, so zur Schul von gn[ä]d[iger] Herrschafft auß denen Kirchengutern gegeben worden, den Genuß zu ziehen, so gut er nur kann, wobey er in specie so viel Wißwachß hat, daß er eine Kuh reichlich außbringen kann

  5. [pag.] So es Mastung in dem Wald giebt, so treibt er so viel alß ein Bürger treibet

  6. Ist er des ganzen Jahrs hirtenfrey, daß er seines Viehs halben keinem nicht zu geben hat

  7. Hat er freye Wohnung mit Scheuer und Ställen

  8. Wegen des Läutens oder Glockenamts hat er von einem jeden, der auch nur einen Zehenden im Feld einzuernden hat, zu empfangen eine Korn- und eine Hafergarb, wobey zu mercken, daß so mancherley Gut einer hat, so viel Garben muß ergeben, welches dann praeter propter auch ein <Malter> Korn und etwas mehr alß so viel Hafer erträget; item auf Martini hat er von einem jeden Bürger zu empfangen einen Leib Brod.

NB. Wegen des obgedachten Kirchen- oder Schulguts soll er jährlich dem Kirchen-Meister Zinß geben 7 [fl.] 8 alb. 2 d. Weill er aber vom Kirchen-Meister jähr[lich] empfangen soll 5 [fl.] wegen der Schul und 2 [fl.] wegen des Glockenambts, so läst er dieße 7 [fl.] … vnd giebt alle Jahr auf Martini dazu 8 alb. 2 d.

[pag.] An eingeführten Accidentien hat ein zeitiger Pfarrer dahier wegen Casual-Verrichtungen zu gewarten laut des alten Kirchen-Buches:

1) Von einem Kind zu tauffen 12 alb.

2) Von der Confirmation eines ieden Kindes 12 alb.

3) Von einer Proclamation 12 alb.

4) Von einer Hochzeit und dabey vor seyende priester[liche] Copulation 1 [Rtl.] und 54 alb.

5) Von einem Begräbniß oder Leiche 1 [fl.] oder 36 alb.


Anmerkungen

1 Eph 3,14-21: 14 Deshalb beuge ich meine Knie vor dem Vater, 15 von dem jedes Geschlecht im Himmel und auf Erden seinen Namen hat, 16 dass er euch Kraft gebe nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, gestärkt zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen, 17 dass Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne. Und ihr seid in der Liebe eingewurzelt und gegründet, 18 damit ihr mit allen Heiligen begreifen könnt, welches die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe ist, 19 auch die Liebe Christi erkennen könnt, die alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet, bis ihr die ganze Fülle Gottes erlangt habt. 20 Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, 21 dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.


Letztes Update: 19. August 2020
Ralph Jackmuth