Ems – Quellen zu Leporinus 1

Versetzung (Translocirung) des Pfarrers Johannes Leporinus
Absender: Henriette Amalie von Anhalt-Dessau, Fürstin von Nassau-Diez (1666–1726)
HHStAW, Abt. 170 III (Korrespondenzen), Nr. 1390, fol. 186r/v (Abschrift 170 III, Nr. 1391 (fol. 300-303)


Oranienwald 1704 August 16

[fol. 186r] Von Gottes Genaden Amelia, verwittibte Fürstin zu Nassau, gebohrne Fürstin zu Anhalt, Hertzogin zu Sachßen, Engern und Westphalen, Gräfin zu Ascanien, Catzenelnbogen, Vianden, Dietz und Spiegelberg, Frau zu Zerbst, Bernburg und Beilstein, Baronesse von Ließfeld, souveraine Frau von der Erbherrligkeit des Eylands Ameland, Vormünderin und Regentin, Unsern gnädigen Gruß und geneigten Willen zuvor, ehrnveste, hochgelehrte, liebe, getreue! Daß Ihr wegen der von heßen-darmstättischer Seiten unternommener Translocirung des Pfarrers Leporini zum Embß und von dero Regierung in der an Euch abgelaßener Antwort sub dato Darmstadt, 6 Junij, privative angemaaßten juris episcopalis et patronatus, wie auch tentirten Auszug mehrern Ausschußes contradicendo et protestando Unsere Gerechtsahme bewahret, ein solches ist so wohl Unserer Intention und Approbation als Euren obliegenden Amts-Pflichten gemäß und werdet Euch ferner die Conservation Unsers wohlhergebrachten Rechtens iederzeit eyfrigst anbefohlen sein laßen.

Hingegen vernehmen Wir misfällig, daß, da Wir vermeinet durch Ansetzung eines neuen Inspectoris allem vormahligen unerbaulichen Wesen im Kirchenstand abgeholffen zu haben, allbereits neue Mißverständnüs und Zwietracht durch passionirte Anreitzungen zwischen denselben und Pfarrer Schnabelius gestifftet worden, so dan[n] zu Ärgernüß der Gemeinde und zum Spott der Nachbahren und anderer Religion-Genoßen gereichet.

Deswegen ist Unser ernster Befehl, daß Ihr bey Zeiten alle Uneinigkeit dämpfet und wehret, beyde Prediger vermahnet, in Frieden und geziemender Eintracht mit einander zu leben und sich nach Unsern hinterlaßenen Verordnungen und sonst altem Herkommen zu richten, mit zusammen gesetzen Raht und Fleiß nur dahin sehend, daß ihre Zuhörer erbauet, christliche Wandel, gute Zucht und Erkäntnus in Glaubenssachen befördert werden mögen.

Wir wollen vor dismahl die eingebrachte Klagen nicht berühren, umb keinen Anlaß zu geben zu Gegen-Antworten und mehrer Verbitterung, dafern aber die Friedenstörer aus Antrieb ihrer Privat-Effecten fortfahren, die Prediger aneinander zu setzen und per indirectum zu mehren Streit [fol. 186v] Gelegenheit an Hand zu heben, werden Wir, ehe[licher] sie sichs verhüten, darin zu ihren Leidwesen versehen, wie Wir urtheilen werden, daß die Wurtzel selbst dieses Unkrauts ausgerottet werden können, maaßen Uns dieselbe zum Theil nicht unbekandt seind.

Solte aber in zufälligen Emergenten. worin Unsere Verordnung oder die alte Gewohnheit nichts determiniret, einiger Zweiffel oder Discrepantz sich hervorthun, so sollet Ihr nach p[f]lichtmäßiger Vorstellung Unser Gutachten darüber einholen und darob sein, daß demselben nachgelebet, auch ohne Unser Vorwißen nicht Neuerliches, woraus Irrungen und Unordnungen entstehen könten, vorgenommen werde.

Ferner findet Ihr hierbey angeschloßen, was der Landrentm[eiste]r angeführet, umb zu erweisen, daß es schädlich sein würde, mit Verkauffung des Viehes aufm Hoffe Oranienstein ietziger Zeit einen Anfang zu machen und derentwegen damit noch angestanden werden müße, worauf Ihr so wohl einer pflichtmäßiger Bedencken einrichten, als zu Unserer mehren Versicherung von andern Unsern Beampten und zuvor einem jeden insbesonders, die allegirte Motiven gleichfals nach Pflichten überlegen und ihre Gedancken über die resolvirte Verpfachtung und Verkauffung des Viehes schrifftlich sollet eingeben laßen, alßdan[n] ohne Verzug Uns dieselbe zu weiterer Verordnung überschicken.

Die Grasserischen Kinder haben abermahl ein Supplicq eingesandt wegen ihrer Pretensionen auf ihres verstorbenen Vatters rückstandigen Gehalt, habet demnach zu berichten, woran es liege, daß dieselbe noch nicht befriediget worden, damit des Klagens einmahl ein Ende werden. Der Gemeinde Odersberg im Amt Beilstein Bittschrifft mit g[nä]d[ig]ster Gewährung wegen des im Junio verwichenen Jahres erlittenen Brandschadens geht auch hierbey zurück.

Die Übermachung des Wechsels werdet Ihr zufolge ergangenen Befehls, so viel müglich, beschleunigen. Wie es mit der Niedershäuser Sache stehe, habet Ihr mit nechstem zu berichten.

Und verbleiben Euch in Genaden gewogen.

Oranienwald, den 16 Augusti 1704

E[ure] wohlaffectionirte Fürsten zu Nassau.


Letzte Änderung: 28. April 2019
Ralph Jackmuth