OFB Schweighausen – Notabilia (KB 2)

[1] Kirchenbuße des Johann Peter Zöller

Kirchen Buß thuende Persohnen 1779

Nachdem Joh. Peter Zöller, Einwohner allhir, neben seiner lebenden Frau mit Maria Catharina Michelin von Geißig gebürtig, welche als Magd bey ihm gedient, Ehebruch getrieben und gedachte Weibspersohn auch schwanger worden, so habe nach meinem Amt pflichtmäßig diesen Hergang gnädigster Herrschafft berichtet, welche dan ihren H[errn] Consulenten Hiemer diese Sache untersuchen laßen. Nachdem nun bey Untersuchung sich die Sache so befunden und auch das Gestädniß von dem Ehebrecher gleich erfolgt ist, so haben gnädigste Herrschafft nicht allein beyden die herrschafft[liche] Strafe angesetzt, sondern auch mir den Befehl zugehen laßen, daß ich beyde die Kirchenbuße privatim coram præsbyterio abnehmen solte. Zu dem Ende habe beyde Persohnen vor mich komen laßen, ihnen diesen herrschafft[lichen] Befehl angekündiget und ihnen vorbereitungsweiße gesagt, was zu ihrer Buße u[nd] Beßerung nötig war. Zugleich habe auch den 18 Junij ihnen bestimt, wo solche Kirchen Buße vor sich gehen solte, welches dan auch heute in Gegenwart des Kirchenvorstehers Joh. Henrich Maus und des Einwohners Joh. Philipp Beckers /: dan den andern Kirchenältesten konte ich nicht dazu nehmen, weil er ein leib[licher] Bruder vom dem Ehebrecher war :/ geschehen. Gott laße ihre Buße rechtschaffen seyn und beyde Gnade finden vor seinen Augen hir in der Zeit u[nd] dort in der Ewigkeit, um Jesu Christi Willen, Amen. Schweighaußen, den 18 Junij 1779. Joh[annes] Haupt, p[ro] t[empore] past[or].

Schreiben des H[errn] Metropolitans Snell zu Dachsenhausen un Betreff des Johann Joseph Faut u[nd] Rosina Radtin, welche den 17 Novemb[ris] 1776 allhir ains copuliret worden, nebst dem über beyde geführten Protocollo und darauf erfolgten Resoluti, auf gnädigst herrschafft[lichen] Befehl hir eingetragen von Joh. Haupt, p[ro] t[empore] past[or].

Vorzeiger dieses, Johann Joseph Faut, seiner Profession ein Drucker, hat bisher nirgends zur prister[lichen] Copulation mit seinem Weibe Rosina Radtin, welche er bey sich hat, gelangen könen, und zwar aus der Ursach, weil sie beyde kein gewißes Heimath haben, sondern von armen Eltern an frembdten Orten erzeuget worden, mithin keinen Gebuhrts-, noch Tauf-Schein aufzuweisen haben.

Derselbe hat sich bey uns beiden Geistlichen zu Dachsenhaußen u[nd] Dornholtzhaußen gemeldet und mit bußfertigem Bekentniß seiner anticipirten ehel[ichen] Beiwohnung, um die Absolution und Aufnahm zum h. Abendmahl, so dan zu mehrerer Beruhigung seines Gewißens, um die pristerl[iche] Copulation demuthig und eindringlichst angesucht.

Nachdem wir nun alle Umstände auf das Genauste geprüft und auch auf alle Fragen und gemachte Einwendungen eine genugthuende Antwort von ihm erhalten und überhaupt eine christliche Gesinnung bey ihm wahrgenommen haben, so würden wir beyde von unsern Persohnen nicht das mindeste Bedencken tragen, seiner Bitte zu willfahren, wan uns nur nicht durch unser Consistorial Verordnungen die Hände allzu viel gebunden wären.

Wir wißen ihm daher keinen beßeren Rath zu geben, als daß er sich zu Seiner Hochfreyherrl[ichen] Gnaden, dem Herrn Baron von Stein,  wende und Hochdieselben um gnädige Erlaubniß, an einen dero eigenen Pfarrer, diese Personen nach vorgängiger Absolution pristerl[ich] zu copuliren, unterthänigst bitte. Wir unsers Orts wollen ihn zur gnädigen Willfahrung in tiefer Unterthänigkeit hiedurch bestens empfohlen haben.

 Dachsenhaußen und Dornholtzhaußen, den 13 Novemb[ris] 1776

M[agister] J[ohann] P[eter] Snell, Pf[arrer] zu Dachsenhaußen
J[ohann] D[ietrich] Wagner, Pf[arrer] zu Dornholzhaußen


[2] Eheschließung von Joseph Faut aus Hannover und Rosina Radt aus Goldberg (Schlesien) am 17. November 1776 in Schweighausen.

Ihre Tochter Maria Elisabeth wird am 08.12.1776 in Frücht geboren und am gleichen Tag dort getauft. Eine weitere Tochter, Philippina Dorothea, wird am 12.01.1786 im Alter von 7 Jahren weniger 20 Tagen in Frücht begraben.

 Actum Naßau, den 16 Novemb[ris] 1776

Nachem Joseph Faut und Rosina Radtin bey Endes Unterzogenem mehrfältig angestanden, ihnen bey gnädiger Herrschafft die Erlaubniß auszuwürcken, daß sie durch einen von denen Herrn Pfarrer zu Schweighaußen oder Frücht copuliret werden dörffen, indem sie beyderseits Soldaten Kinder und also so zu sagen nirgend her zu Hauß seyen, sich mit ihrer Profession der Druckerey nähreten, wegen Armuth aber und weil sie die erforderl[ichen] Zeugniße nicht aufbringen könten, von denen bebachbarten heßischen darmstädtischen und naßauischen Herren Pfarrer nicht copuliret werden könten, gleichwohlen in einer ehelichen Verbindung zusammen lebten und wünschten, daß solche durch pristerl[iche] Einsegnung genehmigt und sie dadurch in den Stand gesetzt würden, ihr Gewißen vollständig zu beruhigen und sich Gottes Seegen zu versprechen, so wurde ihnen zwar ihr Begehren jederzeit aus denen nehmlichen Gründen abgeschlagen, welche die auswärtigen Herrn Pastores zur Verweigerung der benedictionis sacerdotalis angaben. Allermaßen aber laut Beylage sub sig[no] O die daselbst ernante Herrn Pfarrer und in specie Herrn Metropolitan Snell von Dachsenhaußen, welcher als ein rechtschaffener und seine Amtspflichten pünctlich erfullender Mann bezeuget, wie die Umstände beyder Supplicanten so beschaffen wären, daß sie sich kein Bedencken machten, ihnen die benedict[ionem] sacerdotal[em] zu ertheilen, so haben S[ein]e Hochfreyherrl[iche] Gnaden befohlen, solche annoch vorhero ad protocollum zu vernehmen und nach befindenden Unständen den herrschaft[lichen] Consens zu ihrer Copulation, jedoch vorbehältlich der allenfalsigen Einwendungen Hochderoselben, Herrn Pfarrers zu Schweighaußen zu ertheilen.

 Demezufolge beyde Supplicanten folgendermaaßen constituirt worden.

Quæst[io] 1) De personalibus. Johan Joseph Faut, ætat[is] 41 Jahr, gebürtig aus der Stadt Hannover, sein Vatter seye Soldat in hannöverischen Diensten geweßen, er habe die Druckerey auf Leinwand erlernet, worauf er sich seit dem Tod seiner Eltern, beyderseits vor etl[ichen] 30 Jahren gestorben, nähre.
2) Warum er nicht in Hannover geblieben u[nd] daselbst seine Profeßion fortgetrieben? Seye unter die Soldaten gekommen und im letzten Krieg von den Frantzosen gefangen worden, wo selbst er wieder loß worden, weil er aber in seinem Vatterland keine Erbschafft gehabt habe, so seye er genöthiget geweßen, in der Welt umher zu ziehen und seiner Druckerey abzuwarten.
3) Wo und seit wan er mit Constitutin bekandt worden seye? Seye nunmehro 5/4tel Jahr, daß er mit ihr auf dem Hunds-Ruck seye bekandt worden, woselbst er in einem Dorf Kleinich [VG Bernkastel-Kues] … baadisch und zweybrückischer Hoheit kranck gelegen, Constitutin aber sich seiner angenommen, daß er nicht im Elend umgekommen sey.
4) Ob er nicht schon vorher mit Weibsbildern bekandt und in specie nicht verheurathet geweßen? Könne vor Gott dem Allmächtigen bezeugen, daß er mit niemand verheurathet geweßen seye.
5) Ob er die Bigamie vor ein Verbrechen halte und wiße, was vor hohe Straf darauf gesetzt sey? Ja, in allweg halte es vor die größte Sünde und die Pflicht christ[licher] Obrigkeiten, Bigamos criminaliter zu bestrafen.
6) Ober er also im Fall sein Angeben ad quæst[ionem] 4 nicht wahr seyn solte, alle Verantwortung und Straf auf sich allein ziehen und sich noch überdas der obrigkeit[lichen] Ahnung unterwerffen wolle, daß er gnädige Herrschafft mit Unwarheiten hintergangen? Ja, er unterwerffe sich nicht allein allen weltlichen Richter zur schärfsten Strafe, sondern auch dem allmächtigen Richterstuhl Gottes, wofern sein Angeben nicht wahr seye.
7) Ob er mit Constitutin in keiner Verwandtschafft stehe und warum er die nötige Zeugniße nicht beybringe? Gantz und gar nicht. Könne die Zeugniße wegen großer Entfernung und Mangel an Geld und Addressen nach Hannover nicht beybringen.

Die Wahrheit dieser Außagen t[estiert] Johann Joseph Faut.

8) Rosina Radtin. De personalibus. Rosina Radtin, ætat[is] 29 Jahr, gebürtig aus Preusisch Schlesien und zwar aus der Stadt Goldberg. Ihr Vatter seye Soldat in preusischen Diensten geweßen und vor 20 Jahren gestorben.
9) Wie und auf was Art sie auf den Hunds Rück gekommen? Ihr Vatter seye aus preusischen Diensten gekommen und überall herumgezogen, habe auf dem Hunds Rück sein Brod auf denen Flötzen verdienet, welches der Anlaß zu ihrer Dahinkunfft geweßen.
10) Wie sie sich nach dem Tod ihres Vatters ernähret habe? Mit Nähen und Stricken, auch wan solches nicht hinreichend geweßen, mit Heischen vor der Thüre.
11) Wie sie an Constituten gekommen? Wie die armen Leuten, welche ihresgleichen suchen, so gut wie die Vornehmen. Er habe kranck in ihrem Hauße gelegen und sie habe in Betracht seiner guten Kentniße in Gottes Wort und seines ehrbaren Wandels sich seiner angenommen, ihme abgewartet und ihre Erkentlichkeit seye der Ursprung ihrer nachherigen Liebe zu ihm geweßen.
12) Ob sie seit dieser Zeit immer als Mann und Frau zusammen gelebt haben? Ja.
13) Ob sie schon ein Kind mit ihm gehabt und warum sie sich nicht haben trauen laßen? Dermahlen sey sie gesegneten Leibes, habe aber noch kein Kind von ihm gehabt und könne eben aus den nehm[lichen] Ursachen wie Constitutus keine Zeugniße aufbringen.
14) Solle auf die Quæst[iones] 5 u[nd] 6 ebenfals antworten. Stehe mit keinem Menschen in ehe[licher] Verbindung, wolle auch alle zeit[liche] u[nd] ewige Strafen auf sich allein laden, wo sie gnädige Herrschafft mit der Unwahrheit berichte.
Beyde.

Worauf sie sich dan bey ihrer unvorsichtigen Heurath verlaßen und ob sie nicht vielmehr davon abstehen und Gott ihren Fehler abbitten wollten, als ihre Kinder hinkünfftig gleichfals dem Mangel und Elend aussetzen?

Können das Kind unter ihrem Hertzen nicht mehr verlaßen, auch nicht von einander abstehen, sondern überlaßen sich der Gnade u[nd] Barmhertzigkeit Gottes und bitten gnadigste Herrschafft fußfällig um Erlaubniß der prister[lichen] Einsegnung.

Prælecta. T[estis] kan nicht schreiben.

Resol[utum]. Vorstehendes Protocoll samt Beylage wird dem H[errn] Pf[arre]r von Schweighaußen communiciret, um solches abschrifft[lich] in das Kirchenbuch einzutragen oder beyzulegen. Das Original aber ad acta zu reproduciren. Somit demselben angefüget, beyde Supplicanten nochmahlen selbst zu vernehmen, dafern er irgend ein impedimentum canonicum etwas noch entdecken solte, gnädiger Herrschafft zu berichten. Wo aber nicht, so wird von Herrschaffts wegen erlaubt, die Suppl[icanten] in der Kirche zu Schweighaußen, jedoch in der Stille zu copuliren.

Hiemer
Freyherrl[ich] von Steinischer Secretarius

Copia des darauf von mir ertheilten Copulations Scheins. Nachdem Vorzeiger dieses, Johann Joseph Faut aus Hannover herkommend und seiner Profession nach ein Leinwandsdrucker, und Rosina Radin aus Goldberg in Schlesien gebürtig, miteinander auf dem Hundsruck bekandt geworden, auch ihrem Geständniß nach über 5/4 Jahr als Mann und Frau beyeinander gelebet, so daß letztere auch von ersterem schwanger geworden, aus Mangel aber ihrer beyderseitigen Geburts-Scheine, die sie sowohl wegen der weiten Entfernung, als auch wegen Armuth nicht berbeyschaffen können, nirgends und in keinem Lande zur pristerlichen Trauung haben gelangen können, so haben sie endlich auf Recommendation zweyer benachbarten Geistlichen von dem reichs-frey-hochwohlgebohr[enen] Freyherren von und zum Stein, nachdem Hochdieselben durch Dero Herrn Secretarium diese beyde nach einander ad protocollum nehmen laßen, den herrschafft[lichen] Consens in der ehe[lichen] Verbindung und die gnädige Erlaubniß erhalten, daß solche durch den Hochdenenselben eigenen Pfarrer zu Schweighaußen solte verrichtet werden.

Nachdem nun von meiner gnadigen Herrschafft sowohl das geführte Protocoll zur Einsicht, als auch den gnädigsten Befehl, wan anders mir kein impedimentum canonicum bekandt wäre, zur prister[lichen] Trauung dieser beyden Persohnen erhalten, so habe denselben pflichtmäsig nachleben wollen und also diese angezeigte Persohnen auf den 24 post Trinit[atis], ware der 17 Nov[embris], nachdem ihnen in Gegenwart der beyden Kirchen Ältesten ihre Privat Buße abgenommen, darauf Absolution und auf ihr Verlangen das hei[lige] Abendmahl ertheilet, im Nahmen Gottes ehelich eingesegnet. Gott laße ihre Buße rechtschaffen vor ihm seyn ppp.

In desto mehrerer Beglaubigung dieses Vorgangs und daß beyde mehr angezeigte Personen durch pristerl[iche] Einsegnung würcklich miteinander verbunden worden, habe solches sowohl mit meiner eigenen Hand Unterschrifft, als auch mit meinem gewöhnlichen beygedruckten Pettschafft attestiren sollen u[nd] wollen.

Schweighaußen bey Naßau, den 17 Nov[embris] 1776

L[ocus] S[igilli]

Johannes Haupt
Hochfreyherr[lich] von Steuinischer Pfarrer


Letzte Änderung: 10. August 2023
Ralph Jackmuth